BESTOFFSTYRIA 2.15 - THEATERlandPREIS 2015

Der THEATERlandPREIS 2015 geht an: THEATER IM BAHNHOF mit «AUFRÄUMEN».

Wir sehen Theater im Bahnhof und wofür es steht: fundiert, pointiert, ironisch wird die eigene Geschichte in den gesellschaftspolitischen Machtraum hineingetragen und abgeglichen und so das Potential der Einmischung, wie Veränderung, überprüft, um Macht in ihrer politisch-ökonomischen Instrumentali-sierung zu verändern.

bestOFFstyria 2.15 - PREIS der JURY 2015

Der Preis der Jury wird in diesem Jahr gesplittet: im Sinne einer Anerkennung für den Mut radikaler ästhetischer Entscheidungen geht er an Alex Deutinger & Alexander Gottfarb mit «CHIVALRY IS DEAD» und die Zweite Liga für Kunst und Kultur mit «KRAMER GEGEN KRAMER».

bestOFFstyria 2.15 - PublikumsPREIS 2015

Der PublikumsPREIS 2015, verbunden mit einer Einladung zu einem der THEATERfeste der REGIONen 2016 geht an:
das Spielraum Ensemble mit «EIN SOMMERNACHTSTRAUM».

 BESTOFFSTYRIA 2.15 - THEATERlandPREIS 2015

Die Jury-Begründungen von

  • Heike ALBRECHT, Dramaturgin und Mentorin für zeitgenössischen Tanz und Performaning (Berlin)
  • Felizitas KLEINE, Dramaturgin (NRW)
  • Rachelle NKOU , Regisseurin, Schauspielerin (Wien)
  • Stephan ROPPEL, Regisseur (Zürich)

Follow the Rabbit - «DER KLEINE HÄSSLICHE VOGEL»
Wir suchen das Weite und fliegen davon. Eingebunden in eine Konzertsituation nimmt uns Follow the Rabbit mit auf eine Reise in die phantastische Welt der Märchen. So klar geführt, löst sich diese Geschichte in einem eindrucksvollen Bühnenbild auf, welches sich wie ein Bilderbuch öffnet und schließt. Interessiert sahen wir, wie sich verschiedene Genre (Musiktheater/Storytelling/Objekttheater) miteinander verbanden und mit allen Bühnenmitteln gespielt wurde, sodass Kinder und werdende Erwachsene und alle schon Älteren zuschauen können. Mit dem einnehmenden musikalischen Auftakt wurde eine eindrucksvolle Spielebene versinnbildlicht. Wir verfolgten neugierig, wie sich  Tacker, Drucker, Staubsager oder Umzugskartons in Rhythmus verwandelten. „Formular, Formular“…

Alex Deutinger & Alexander Gottfarb - «CHIVALRY IS DEAD»
Wie sehen ein Männlichkeitsideal per se in den Raum gestellt, aufgestellt, gehalten, demonstriert mit einem durch eine Rüstung gepanzerten Körper. Wir suchen eine Erklärung, so eindeutig ist der Bildverweis und eine geschichtlich sich andockende, wie vorrangehende Erzählung und folgen einem vorhersehbaren Verlauf, mit einer Initiation, wie MANN in den Krieg/Kampf zieht, wie dieser Auseinandersetzung eine Katastrophe folgt mit den bleibenden Bildern vom Tod. Mit diesen Bildern beginnt unsere Suche danach, wie die Fragilität unseres Lebens zu schützen ist und der Berührung unserer weichen Körper alles Gewicht gegeben werden kann, einmal mehr im Bezug zu unserer aktuellen Weltlage mit im Raum. Wir fragen, lassen sich Männerrituale zertanzen? Wir sagen Ja. Indem Männlichkeit dekonstruiert wird, in einem schweren, schleppenden und scheppernden, wie polternden Akt folgen wir einer mutigen und konsequenten Befragung von Geschichtsübertragung und Mythensehnsucht. Mit Leichtigkeit, Feinheit und humorvoll-berührenden Bildern folgen wir poetisch-akustischen Landschaften, die in der Verbindung von Licht und Nebel entstehen und voll von Eindrücken durch die Materialbefragung stolpern wir in eine beunruhigende Zukunft.

Theater im Bahnhof - «AUFRÄUMEN»
Wir betreten den Mulitfunktionsraum der Stadt Graz. Wir blicken auf ein Tryptichon, fotografische Aktaufnahmen dreier Frauen, jede ein Schnitzel in der rechten Hand haltend – Schnitzel als ein verrücktes Feigenblatt. Ein Kunstgriff, der die nun folgende Geschichte in allem zeigt, begleitet und kommentiert. In einer Ecke durchsichtige Plastikkisten, mit deren Inhalt später das Schlussbild als panierte Geschlechterrolle enthemmt wird. Wir erfahren die Geschichte von Johanna Dohnal, einer österreichischen Politikerin, die polarisierend das politische und private Leben verkörperte. Wir sahen, eine Arbeit, die sich die Freiheit genommen hat, eine Persönlichkeit in all ihren Facetten aufzuzeigen, Auslegungen zu entwerfen und sich mit der Figur auseinander zu setzen. Spürbar wird eine Vertreterin einer Generation, die dem Feminismus eine Position gab, die heute eine Befragung nach heutigen Feminismusfragen und Aufgaben abverlangt. Die Geschichte von Johanna Dohnal (mit ihren Widersprüchen) gehört erzählt. Wir wissen: Feminismus is not dead. 

Spielraum Ensemble - «EIN SOMMERNACHTSTRAUM»
Wir schauen in die Gesichter einer jungen Spielertruppe aus Tänzern, Musikern und Darstellern und entdeckten darin unendliche Neugier und unbändige Spielfreude. Überbordend, naiv und bedacht zugleich bohrte man sich tief hinein die Shakespearsche Vorlage und komponierte einen atmosphärisch dichten Sommernachtstraum – ohne Worte. Mit allen Mitteln der Kunst nahmen sie diesen Klassiker und uns mit auf ihre gemeinschaftliche Suche nach einem Wie-Zurechtkommen-in-der-Welt, gefangen von starren Konventionen und labyrinthischen Zuschreibungen, um am Ende die Schönheit der kollektiven Dekonstruktion zu feiern. Was für eine Freude, so einem wachen Zusammenspiel zuzusehen!

Zweite Liga für Kunst und Kultur - «KRAMER GEGEN KRAMER»
Wir teilen den radikalen Protest der Barbara Kramer und blieben mit ihr im Bett der Verweigerung liegen. Weltflucht heißt die einzig mögliche Antwort auf unsere Müdigkeitsgesellschaft und liefert mit den Texten von Johannes Schrettle eine offene Nabelschau aus Gedankenströmen, die sich bewusst unserer Gier nach roten Fäden, künstlerisch formulierten Lösungsansätzen und geformten Utopien verweigern. Still und laut zugleich. Der kommende Aufstand findet nicht statt. Und das bedingungslos, radikal, mutig und mit der nötigen Portion Humor. Liegend werden brennende Diskurse unserer heutigen Gesellschaft jongliert und finden eine Sprache für eine sinnsuchende Gesellschaft, die uns in ihrer Scharfsinnigkeit beeindruckt. Macht Euch bereit: Wann klingelt der Wecker?

Theater t'eig - «H'AMLET»
Wir machen eine Zeitreise – in die Zukunft des Volkstheaters. In Schallgeschwindigkeit ging es dabei durch alle Ebenen von Spielansätzen, Zeitdimensionen und Kostümbildideen eines ungemein kreativen und dichten Ensembles. Mal urkomisch, mal hoch philosophisch - dabei konstant energetisch und konsequent angetrieben vom Wahn um einen zeitlosen Helden namens Hamlet. Kein Wortwitz wird dabei vergessen, keine absurde Schleife abgewendet: Dieser Hamlet will alles und alle – und bekommt es auch. Denn spätestens, wenn sich die Grazer Feuerwehr als Spielboten in das wilde spielerische Treiben einreiht, sind wir angekommen im Multi-Versum der Kunst und verstehen die Welt nicht mehr. Aber:
H'am-let it be!

PRESSE-Fotos:
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