BESTOFFSTYRIA 2.14 - THEATERlandPREIS 2014
Das Festival der Freien Theater

Der THEATERlandPREIS 2014 - dotiert mit € 7.000 - als Auszeichnung für eine besondere Produktion aus dem Bereich des freien steirischen Theaters der Spielzeit 2014, konnte das Theaterkollektiv "Die Rabtaldirndln" erringen, die mit dem performativen, unterhaltsamen und intelligent aufbereitetem Stück „EINKOCHEN“ unter Mithilfe von Bodo Hell, auch die Jury einkochten.

bestOFFstyria 2.14 - PREIS der JURY 2014:

Der PREIS der JURY 2014 - gestiftet vom Kulturamt der Stadt GRAZ und dotiert mit € 2.000 - erhält
Matthias Ohner vom Grazer Vorstadttheater, auf Grund seiner herausragenden schauspielerischen Leistung im nominierten Theaterstück „JUGEND OHNE GOTT“ von Ödön von Horváth.

bestOFFstyria 2.14 - PublikumsPREIS 2014:

Der PublikumsPREIS 2014, verbunden mit einer Einladung zu einem der THEATERfeste der REGIONen 2015 geht an:
ergeht an Veza Fernández Ramos, die mit ihrem Stück „CALAMOCOS“, die Lebensgeschichte ihrer Grossmutter, begeisterte.

Die bestOFFjury 2.14
Laura GRASER (Luxemburg), Johanna-Yasirra KLUHS (Dortmund), Felizitas KLEINE (Dortmund) und Holger Schober (Wien)
beurteilten die nominierten Produktionen 2014 wie folgt:

Die Jury wanderte mit nassen Füssen von Baltimore nach Kanada. Von Afrika in die virtuelle Cloud, vom tiefsten Katalanien in den Keller der Geschichte. Von der Kirche ins Einmachglas! Die 11. Ausgabe des Best Off Styria präsentierte sechs bemerkenswerte Produktionen. Auch das Wetter war bemerkenswert, hat jedoch keinen Preis verdient!

Theater im Bahnhof: WOODS

Sich auch mal ins flache Wasser trauen – das erfordert schon Einiges. Das Theater im Bahnhof ist einem langjährigen Traum gefolgt: ein Mann, das Wasser, ein Boot. Auf den Spuren des 50er Jahre-Films African Queen machen sich Bogart, Hepburn und ein kanadischer Gast in einem Tümpel des Grazer Stadtwaldes auf die Reise nach nationalen und beruflichen Identitäten und überlagern und kombinieren private Geschichten aus ihrer Theaterkarriere mit Szenen aus dem legendären Film und Kommentaren zur gegenwärtigen Situation des Waldgrundstücks. Eine Komposition von Inhalten, die nicht immer unmittelbare nachvollziehbar ist und darin den Zuschauer aktiviert, eigene Verbindungen zu schaffen oder Erfahrungen in die Anordnung hineinzudenken. Trotz oder vielleicht gerade wegen eines verregneten Nachmittags setzt diese Arbeit in Bewegung und funktioniert als handwerklich virtuoser, leichtfüßiger Zettelkasten, der im Zusammenspiel mit einer Umgebung in Veränderung vermutlich auch ständig die Nuancen dessen, was sich als Bedeutungsbenen für die Zuschauer manifestiert.

Zweite Liga für Kunst und Kultur: DER DRUCKAUFTRAG

Wie sieht der Text aus, den das Aufhören produziert? Wie funktioniert Kommunikation wenn das Kommunizieren bereits gescheitert ist? Der Zuschauer wird in Der Druckauftrag zum ohnmächtigen Beobachter des Scheiterns, ausgeschlossen vom Bühnengeschehen – eine virtuose Forcierung des Betrachters. Wie lässt sich Schluss machen mit den aktuellen Praktiken von Arbeit als Unterdrückungszusammenhang ohne diese in Routinen des Abbrechens zu perpetuieren? In einer choreografierten Textimprovisation machen vier Darsteller mit uns den aussichtslosen Versuch, aufzuhören mit der (Selbst-)Ausbeutung. Ein politisch relevantes Thema, das konsequent an einem gesinnungsträchtigen Ort umgesetzt wurde.

Veza María Fernández Ramos: CALAMOCOS

Dieser Arbeit lässt tief blicken. Veza Ramos geht den eigenen Wurzeln auf den Grund und erzählt ihre Familiengeschichte von Anfang bis Ende. In einem sehr tänzerisch und musikalisch angelegten Monolog experimentiert sie mit Erzählweisen, die Körper und Objekte gleichermaßen zu Trägern ihrer Erzählung werden lassen. Eine schmerzhafte Trennung ist es, die sie zur Rückbesinnung auf die weibliche Linie ihrer Identität bringt. Mit ihrer Präsenz, ihrer Ausstrahlung und ihrer Persönlichkeit nimmt sie den Zuschauer mit auf eine Reise auf dem schmalen Grat zwischen Folklore und zeitgenössischen performativen Praktiken. 

Vorstadttheater Graz: JUGEND OHNE GOTT

Matthias Ohner eignet sich in Jugend ohne Gott den mittlerweile schon klassischen Text von Ödön von Horvath auf eine spielerische, unaufgeregte Weise an, mit grossem schauspielerischen Handwerk und beindruckender Präzision. Durch das Spiel zwischen der Erzählebene und dem heraustreten in den Theaterraum entsteht ein Zwischenraum, in dem der Zuschauer zum moralisch verantwortlichen Individuum wird, ohne sich der Sogwirkung des Abends entziehen zu können, der somit für ein junges und erwachsenes Publikum gleichermaßen gemeint ist. 

Theater t'eig: BARBAREN

Anhand der authentischen Lebensgeschichte eines Roms arbeitet sich der Regisseur Thomas Sobotka mit seinem spielfreudigen Damenensemble an der Frage ab, wie die Fiktion die Realität neu definieren kann und umgekehrt. Kurzerhand werden bekannte folkloristische Motive und Lieder auf die Familiengeschichte der Baranyais umgedeutet und so versucht, einen vielschichtigen Assoziationsraum zu schaffen, der mit seinem Material verschwenderisch umgeht, vielleicht manchmal zu verschwenderisch. Großer Respekt gilt hierbei auch dem Pfarrer der welschen Kirche, der diesen Raum für einen Diskurs, auch über die eigene Geschichte, geöffnet hat.

Die Rabtaldirndln: EINKOCHEN

Diese Arbeit spielt an den Grenzen: zwischen verschiedenen Formen der Bühnenhandlung, Kooperationspartnern, Kontexten, zwischen Einkochen und Ausbrechen. Entstanden und gesammelt zwischen mehreren österreichischen Bundesländern steht diese Produktion damit auch exemplarisch für eine extrem bewegliche steirische Szene, die sich in ständiger Re-Konfiguration und Suche nach Bündnispartnern befindet und dabei nicht nur immer wieder andere Orte, sondern auch die damit verbundenen Kontexte für die zeitgenössischen darstellenden Künste fruchtbar werden lässt. An diesem Abend finden klar gesetzte Motive aus Alltag, Bühnenrealitäten, Trash und Wortkunst in ein fein abgestimmtes performatives Ensemble. Zuschauer, PerformerInnen und eine österreichische Schriftstellerpersönlichkeit schaffen auf Augenhöhe am gemeinsamen Raumklima: Einkochen erklärt den Theaterraum zur Generalversammlung und verbindet darin regionale Wirklichkeit, Kritik am kapitalistischen Verwertungssystem und gemeinsame Unterhaltung leichtfüßig, ohne dabei die zielgenaue Schärfe zu verlieren. Mal laut, mal leise sezieren die Rabtaldirndln und ihre Gäste das Wesen des Konservierens – oder doch des Konservativen?

Die freie Szene in ihrer Diversität braucht beides: kühne Experimente und Konstellationen und starkes Handwerk. Sowohl jüngere Theaterformen als auch klassische Ansätze leben von beständiger Entwicklung. Die vielfältigen Expertisen der steirischen Szene sind Garant und Bedingung für eine Szene, die ungebunden durch Themen, Orte und Darstellungsweisen navigieren kann und damit auch die Gesellschaft in Bewegung hält. Wir haben uns deshalb für zwei Produktionen entschieden, die das breite Spektrum dieser Szene aufzeigen.

Der Preis der Jury geht an den Darsteller einer Produktion, die uns durch ihre schauspielerische Präzision und dem Umgang mit einem starken Text, den sie mit ihrem ganz eigenen Zugang in die Jetzt-Zeit überführt hat, überzeugt hat: Matthias Ohner in Jugend ohne Gott vom Grazer Vorstadttheater.

Der Theaterlandpreis geht an eine starke performative Produktion, die nicht nur souverän politische Realitäten, künstlerische Positionen und den Irrtum der Landlust eingekocht hat, sondern am Ende auch die Jury. Deshalb veredeln wir hiermit: Einkochen von den Rabtaldirndln.

bestOFFjury 2.14

Laura GRASER, Luxemburg
Leitung der Abteilung Bühnenkunst CarréRotondes I Espace Culturel Luxemburg
Johanna-Yasirra KLUHS, Dortmund
Künstlerische Leitung Theaterfestival Favoriten
Felizitas KLEINE, Dortmund
Künstlerische Leitung Theaterfestival Favoriten
Holger Schober, Wien
Schauspieler und Regisseur