BESTOFFSTYRIA 2.13 - THEATERlandPREIS 2013
Das Festival der Freien Theater


Der THEATERlandPREIS 2013 - dotiert mit € 7.000 - als Auszeichnung für eine besondere Produktion aus dem Bereich des freien steirischen Theaters der Spielzeit 2013 geht an:
The Loose Collective für die Produktion „The Old Testament According to the Loose Collective“.

The Loose Collective gelingt mit dieser Produktion das nahezu Unmögliche: ein Gesamtkunstwerk aus den unterschiedlichen Sparten der zeitgenössischen darstellenden Kunst. Tanz, Theater, Performance, Konzert gehen geradezu magisch auseinander hervor und werden dem hohen intellektuellen Anspruch der Vorlage und des Konzepts gerecht. Auch die stimmig-skurrilen Kostüme und das bravourös eingesetzte Lichtdesign erweisen sich als integrative Bestandteile. Gleichzeitig kommt die Produktion mit einer verblüffenden Leichtigkeit, geradezu Leichtfüßigkeit daher und hat unserer Meinung nach nur einen Nachteil: Sie ist zu kurz, wir hätten gerne länger zugesehen.
Um es auch unsererseits kurz zu machen: Genesis 1:31.

bestOFFstyria 2.13 - PREIS der JURY 2013:

Der PREIS der JURY 2013 - dotiert mit € 2.000 - wird verliehen für den Teamspirit der Produktion „Männer und Maschinen“ vom Theater am Ortweinplatz. 

Diese Entscheidung mag überraschen, weil die Jury den Preis nicht für eine künstlerische Einzelleistung verleiht, sondern für eine besondere Form des Denkens im Theater. Wir sind überzeugt davon, dass die besondere Qualität dieser Produktion dadurch entstanden ist, dass die jugendlichen Spieler und die professionelle Theaterleitung sich auf ästhetischer Augenhöhe begegnet sind. Das ist schon im Erwachsenentheater keine Selbstverständlichkeit, umso mehr ragt es im Jugendtheaterbereich heraus. Die Produktion „Männer und Maschinen“ beweist in atemberaubender Weise, dass das Ganze dann mehr wird als die Summe seiner Teile, wenn inhaltliche Konzeption, handwerkliche Fertigkeit und der ausgezeichnete Ensemblegeist eine glückliche Verbindung eingehen. Die Jury verleiht mit diesem Preis auch ihrer Hoffnung Ausdruck, dass dieses Denken im Theater Schule macht.

Der Preis wird gestiftet vom Kulturamt der Stadt GRAZ.

bestOFFstyria 2.13 - PublikumsPREIS 2013:

Der PublikumsPREIS 2013, verbunden mit einer Einladung zu einem der THEATERfeste der REGIONen 2013 geht an:
THE LOOSE COLLECTIVE für «THE OLD TESTAMENT ACCORDING TO THE LOOSE COLLECTIVE».

Die Jury beurteilt die nominierten Produktionen 2013 wie folgt:

Theater im Bahnhof
«Lust und Verrat» – Körpermonologe

Im stimmungsvollen Ambiente der Alten Galerie von Schloss Eggenberg treten vier Darstellerinnen von Theater im Bahnhof in höchst ungewöhnlicher Weise in Dialog zu den beeindruckenden ausgestellten Kunstwerken und unternehmen den kühnen Versuch, diesen Dialog auf das Publikum zu erweitern. In einem Video-Prolog wird die Thematik des Körpers zwischen Lust und Verrat eingeführt. Können wir richtig hemmungslos leben? Ist unser Körper dazu in der Lage, oder läuft es darauf hinaus, dass er uns verrät? Sind wir Körper oder haben wir einen Körper? Das Publikum wird in kleinen Gruppen durch das Museum geführt, wo sich in vier Stationen jeweils ein Darsteller den Kunstwerken gegenüberstellt und sich dem Publikum aussetzt. Das Theater im Bahnhof setzt sich textlich und körperlich mit den Kunstwerken auseinander und versucht den Brückenschlag in unsere Gegenwart.

Die Rabtaldirndln
«Schwarze Wolle»

Im idyllisch gelegenen Rabtal führen die dort ansässigen Dirdln regelmäßig Einkehrtage durch. Im Theater am Lend berichten sie uns darüber unter Einbeziehung von Schulungsvideos, Übungen, Verkündung der neuen Rabtalschen zehn Gebote, fotografischen Kindheitserinnerungen und nicht zuletzt Diego dem Hund. So nehmen wir Teil an einer durchaus überzeugenden Werbeveranstaltung für eine heidnische Fortbildungsmaßnahme der besonderen Art und sind doch sicher, niemals daran teilnehmen zu wollen. Die Rabtaldirndln greifen mit subversiver Verschmitztheit und körperlichem Einsatz in die Trickkiste des Theaters und hauen uns unseren versteckten Katholizismus und unsere Bigotterie schamlos um die Ohren. Intelligent, hintergründig, bierernst und vielleicht deswegen so humorvoll machen sie deutlich, dass sie selbst eben nicht die Vertreterinnen einer besseren Moral sind.

Theater am Ortweinplatz
«Männer und Maschinen»

Im Theater am Ortweinplatz ist eine Kampfarena aufgebaut, etwas kleiner als das Kolosseum in Rom und ganz aus Blech, aber nicht minder beeindruckend. Das Publikum sitzt zu beiden Seiten eingeklemmt zwischen martialisch trommelnden Musikern, unten in der Arena ein Ensemble von sechs jungen Männern. Sie nehmen uns mit auf eine tour de force durch unterschiedliche Vorstellungen von Männlichkeit: in Auseinandersetzung mit Körperbildern und Körpersäften, Sexualität, Wettkämpfen, Vaterfiguren, und dem Herantasten an ihre eigene Coolness. Kein leiser, ein selten stimmungsvoller, aber immer stimmiger Abend - und durchaus auch ein olfaktorisches Erlebnis.

Theater t’eig
«Multiverse oder: ich weiß nicht, ob ich ein besserer Schauspieler geworden wäre, wenn ich mehr Regisseure wie mich gehabt hätte.»

Wer hat es denn nun wirklich geschrieben, das Drehbuch zu Robert Zemeckis’ Filmklassiker „Züruck in die Zukunft“? Im coolen und kühlen Ambiente einer Werkhalle reklamiert das Theater t’eig die Urheberschaft für sich. Durch den frechen Eingriff eines zeitreisenden Drehbuchdiebs landeten wir alle in der Realität a’, in der wir nun einer Probe der theatralen Umsetzung des Originaldrehbuchs beiwohnen. Slapstickhafte Einlagen, permanenter Rollen-, Geschlechter- und Kostümtausch, parallele Videorealitäten und Zeitsprünge lösen einander ab. Mit einfachsten theatralen Mitteln und cleverem Umgang mit den wenigen Requisiten löst Theater t’eig das Raum-Zeit-Kontinuum wieder und wieder auf. Am Ende landen wir dann doch in Graz und kennen nun die Wahrheit: Fortsetzung folgt?

Zweite Liga für Kunst und Kultur
«Zweitausendzwölf oder: die Frau, die sich selbst eine Geschichte erzählen kann»

Noch vor Ende des Jahres 2012 wagte die Zweite Liga für Kunst und Kultur einen Jahresrückblick. Auf einer laufstegartigen Bühne lassen uns vier Darstellerinnen teilhaben an ihren höchst subjektiven Erinnerungsfragmenten aus dem Jahr 2012, ergänzt durch tagesaktuelle Nachrichtenmeldungen. Unberührt von weltpolitischen Ereignissen kochen sie ihr eigenes Süppchen. Trotz drohendem Weltuntergang stehen die persönlichen Nöte im Vordergrund: der unerfüllte Kinderwunsch, die drei Jobs, die Gier nach der eigenen Zigarettenmarke usw. Ein offensichtlich intendierter gruppendynamischer Prozess und das Scheitern desselben werden uns gnadenlos vor Augen geführt. Und der Weltuntergang fand doch nicht statt.

The Loose Collective
«The Old Testament According To The Loose Collective»

In rosafarbenes Licht getaucht, betreten nach und nach sieben rosa gekleidete Menschen die Weltbühne des Alten Testamentes – oder war das lachsfarben? Aus dem Humus der Bibelzitate erblüht eine musikalisch-choreographisch-szenische Nummernabfolge, die sich barocker Opernformen ebenso bedient wie zeitgenössischen sequenzierten Elektropostpunks. Konsequent wird die Zuordnung zu einer einzelnen Theatersparte verweigert: Tanz, Text, Musik und Lichtdesign stehen gleichberechtigt einander ergänzend auf der Bühne. Der Abend hat Humor und eröffnet dennoch einen Raum für die dem Thema angemessene Tiefe.

bestOFFjury 2.13

Martine DENNEWALD - Mousonturm Frankfurt
Katrin DOD - Festival Impulse
Dietmar KOBBOLDT - Studiobühne Köln & Festival Theaterszene Europa
Gernot PLASS - Regisseur, Wien